Duschgel – Mein Mitstudent
Ich hatte gar nicht gewusst, dass einer meiner Mitstudenten in der Vierer-WH auch ein Gay war. Während ich mich zu meinem schwul Sein offen bekannte, ließ Felix davon nicht das geringste erkennen. Ich hatte ihn in der Stadt und an der Uni auch schon mit Mädchen gesehen, obwohl er bislang noch keine in der WG über Nacht da gehabt hatte. Ja, und dann stand er eines Tages auf einmal neben mir unter der Dusche, wo ich gerade damit begonnen hatte, mich einzuseifen. Ich hatte es überhaupt nicht bemerkt, dass jemand hereingekommen war. Wir schlossen die Tür zum Badezimmer nie ab, denn eigentlich war eine geschlossene Tür schon Signal genug, dass das Bad besetzt war. Wenn keiner drin war, stand die nämlich eigentlich immer offen. Höchstens dass es mal jemand vergaß, sie aus Versehen schloss, und wenn dann ein anderer dringend aufs Klo musste, klopfte er einfach – und falls keine Antwort kam, ging er hinein.
Mit dem nicht!
Mit dem kannst du nicht flirten, das haben mir alle gesagt. So gut er auch aussah, Sven Stöcker besaß ein so abweisendes Wesen, dass alle Aufmerksamkeiten und alle Flirtversuche daran scheiterten. Wenn man ihn anlächelte und ihn freundlich begrüßte, murmelte er nur einen mürrischen Gruß, wenn man sich mit ihm unterhalten wollte, gab er nur einsilbige Antworten – und wenn man ihn freundschaftlich berührte, eine Hand auf seinen Arm legte oder so etwas, dann entzog er sich sofort. Er schien für weiblichen Charme völlig unempfänglich zu sein. Und davon gab es einiges in unserer Firma, an weiblichem Charme. Manchmal könnte man fast meinen, der Personalchef habe die weiblichen Mitarbeiter ausschließlich nach Attraktivität ausgesucht. Der alte Personalchef, meine ich jetzt, derjenige, der vor einem Monat in Pension gegangen und durch Stöcker als neuen Personalchef ersetzt worden war.